Fentanyl

Mein lieber Herr Gesangsverein. Das ist mal was Potentes. Meine erste und bisher einzige Begegnung mit “best buddy” Fentanyl hatte ich auf dem Fußboden in meinem Wohnzimmer. Nein, nicht was Du jetzt vielleicht denkst. Fentanyl ist ein Schmerzmittel. Genauer gesagt eigentlich DAS Schmerzmittel im Notfallbereich.

Fentanyl hat eine schmerzstillende Wirkung, die bis zu 100-mal stärker ist als die von Morphin. Es wird normalerweise erst bei sehr starken oder chronischen Schmerzen verabreicht, die sich nicht mehr durch andere Schmerzmittel beherrschen lassen. Während einer Narkose oder zur akuten Schmerztherapie wird Fentanyl intravenös gespritzt.

Es ist ein synthetisches Opioid, das als Schmerzmittel (Analgetikum) in der Anästhesie (bei Narkosen) sowie zur Therapie akuter und chronischer Schmerzen, die nur mit Opioidanalgetika ausreichend behandelt werden können, eingesetzt wird. Fentanyl wirkt als Agonist am μ-Opioidrezeptor. (Quelle: Wikipedia)

μ!

Merkst Du was? μ ist das griechische Zeichen für “Mü” bzw. “Mikro” und damit das Kürzel meines Pseudonyms “myyzilla”! Kein Wunder, dass wir uns so gut verstanden haben – Fenti und ich 🙂 Na, gut, vielleicht lag es auch daran, dass ich, nachdem mir eine recht große Zyste am Eierstock geplatzt war und ich mich wie ein Wurm vor Schmerzen krümmend auf oben genanntem Wohnzimmerfußboden befand, mich der Notarzt mit einer Dosis Fentanyl direkt und ohne Umwege in die schmerzfreie Glückseligkeit beförderte. Leider brauchte er vorher 20 Minuten, bis er vom einen Ende der Stadt zum anderen (und damit zu mir) gefahren kam. Ich verstehe jetzt sehr gut, dass Fentanyl unter anderem dem deutschen und Schweizer Betäubungsmittelgesetz sowie dem österreichischen Suchtmittelgesetz unterstellt ist. Ein Trip, wie man ihn sich vorstellt. Inklusive dösigem Grinsen und lallenden Späßchen mit den vier Feuerwehrleuten, die mich auf der Vakuummatratze durchs Treppenhaus wuchteten. Ohne Fentanyl wahrscheinlich mein absoluter Untergang.

Glücksinfusion?

Später in der Nacht (kurz nach dem Aufwachen aus der Not-OP-Narkose) erlebte ich dann noch so eine Art Echo der Schmerz- und Betäubungsmittel: Etwa 2 Stunden völlige Schmerz- und Problemfreiheit (von den Schläuchen in meinem von Jod orangegefärbten Unterleib mal abgesehen). In diesen Stunden war ich glücklich. Einfach rundum glücklich. Ich verstehe jetzt einmal mehr, wie gefährlich Drogen dieser Art sein können. Und ich verstehe, wie nah an diesen Abgründen Schmerzpatienten manchmal stehen. Irgendwann hälst du es einfach nicht mehr aus – dann nimmst du alles, was du kriegen kannst. Das darf man eigentlich niemandem vorwerfen. Es ist dabei nicht nur Aufgabe der Betroffenen, sich davor zu schützen und in den richtigen Momenten NEIN, zu sagen. Das ist eine Sache, die die ganze Gesellschaft angeht – Viele tragen die Verantwortung dafür, dass chronische Schmerzpatienten nicht auf dem Abstellgleis des Gesundheitssystems landen. Ärzte, Behörden, Kultur, Arbeitgeber, Eltern, Medien usw. Dass Menschen mit starken Schmerzen wirklich geholfen wird und sie nicht mit unpassenden, möglichst billigen Mitteln ruhiggestellt werden, ist eine Aufgabe für uns alle – nicht zuletzt auch für die Politik. Das muss nämlich alles so nicht sein, wenngleich es in manchen Situationen ein Segen ist, Mittel wie Fentanyl zu haben. Aber alles zu seiner Zeit! Amen 😉

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