Das schöne an einem Nervensystem, das einem zumindest stunden- oder auch mal tageweise nicht um die Ohren fliegt, ist, dass man nicht nur Bücher schreiben, sondern auch lesen kann!
Das hab ich in den letzten Monaten auch getan und mich unter anderem mit diesem Buch befasst:
„Unwetter im Kopf – Mein Leben mit Migräne: Was mir wirklich geholfen hat, sie zu verstehen, anzunehmen und mit ihr zu leben.“ von Sabrina Wolf.
Migräne-Mitstreiter kennen die junge Frau sicher aus ihrem Podcast, ihrer Facebook-Gruppe und ihren Insta-Posts. Wer Migräne hat, kommt an Sabrina eigentlich nicht vorbei – und das ist gut so! 😉
Ich lernte Sabrina Wolf vor ein paar Jahren über ihren Podcast „Unwetter im Kopf“ kennen. Mittlerweile ist sie Vizevorsitzende der MigräneLiga e.V., der größten Migräne-Selbsthilfevereinigung in Deutschland (in der ich natürlich auch Mitglied bin.)
Wie die Gesundheits- und Fitnessbloggerin ihr Leben mit der Migräne auf die Reihe kriegt und was ihr persönlich am meisten geholfen hat, lest ihr in ihrem gerade erschienenen Buch. Mit dem Titel und Untertitel liefert die Autorin selbst schon die beste Inhaltsübersicht, die man finden kann. Dazu muss ich dann auch nicht mehr sagen ;-).
Natürlich muss ein Buch über eine Krankheit ein paar Sachinfos und medizinische Grundlagen enthalten, damit jeder zumindest in etwa weiß, worum es geht. Da liefert Sabrina eine gut ausgewogene Dosis Fachwissen – mundgerecht verpackt und gut lesbar.
Viel interessanter (zumindest für mich) ist jedoch die persönliche Geschichte von Sabrina und „ihrer“ Migräne. Sie schildert offen, wie die Diagnose sie „erwischt“ hat und was das ganze Migräneding mit ihrem Leben angestellt hat – zumindest bis sie über die Jahre zur Expertin in eigener Sache wurde.
Wer selber Migräne hat, merkt schnell, dass Sabrina sich (leider) bestens auskennt. Lesende fühlen sich verstanden und automatisch verbunden. Sabrina hat eben Insiderwissen der anderen Art – verbunden mit der Bereitschaft, ihr Wissen und ihre Erfahrung uns anderen zur Verfügung zu stellen.
Was mir gut gefällt
Besonders positiv ist mir die Struktur des Buches aufgefallen: Kurze Abschnitte mit vielen Überschriften. Man kann so sehr gut wieder reinfinden, wenn man mal eine Lesepause (auch eine längere) gemacht hat.
Inhaltlich gefiel mir besonders, dass Sabrina sowohl sachlich informiert, als auch aus dem wahren Leben berichtet – und mit ihrem Buch zeigt: Man kann selbst viel erreichen, aber es bleibt manchmal eben einfach blöd mit der Migräne.
Was mir noch besser gefallen hätte
Achtung, jetzt kommt konstruktive Kritik: Eine klitzekleine Sache würde ich als Verlag anders machen (ich vermute, dass nicht Sabrina selbst das so festgelegt hat): Die Auswahl genau dieser Schreibschrift als Kapitelüberschrift. Vielleicht liegt es daran, dass ich langsam richtig alt werde und die Augen schlechter oder die migranösen Sehstörungen mehr, aber ich hatte wirklich Schwierigkeiten mit der Lesbarkeit von dieser – auf mich „krakelig“ wirkenden – Schriftart.
Mein Lieblingsabschnitt
Mein Lieblingsabschnitt im Buch taucht im hinteren Teil auf: „Auf der eigenen Matte bleiben“
Die Überschrift hat mich zuerst kurz irritiert – und dann richtig berührt.
Irritiert, weil ich durch den bisherigen Inhalt nicht auf irgendwelche „Matten“ vorbereitet war (obwohl ich weiß, dass Sabrinas zweiter Vorname Yoga ist ;-)). Aber in diesem Satz steckt so viel:
Erkennen, Verstehen, Annehmen, Umsetzen. Und schlussendlich: einfach draufsitzen oder liegen oder turnen – je nach dem, was gerade geht. Auf der eigenen Matte, und nur auf dieser! Kein Vergleichen mit anderen, kein Krankheitswettbewerb, sich um seinen eigenen Krankheitskram kümmern und gut mit sich selbst umgehen. Hilfen und Selbsthilfen nutzen und neben dem ganzen Schmerz und Rahmenprogramm nicht das Leben vergessen!
Danke, Sabrina, für dieses tolle Buch!
Kaufen
Das Buch gibt es überall, wo es Bücher gibt.
Bei Amazon könnt ihr direkt eine Leseprobe ansehen, weitere Infos lesen und es kaufen:
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Infos über Sabrina
Neben ihrem Job als Personalreferentin gibt sie nebenberuflich Kurse als Entspannungs-Trainerin und Yoga-Lehrerin. Wohlgemerkt: Sabrina hat chronische Migräne. Das heißt: über 15 Tage im Monat Kopfschmerzen plus Rahmenprogramm. Mehr über Sabrina gibt es auf Ihrer Webseite und im Podcast „Unwetter im Kopf“.
(Die Podcast-Folge, in der ich dabei sein durfte findet ihr hier: )
PS: Nachdenkliches zum Schluss
Wenn ich sehe, was da dieser (vergleichsweise) junge Mensch da leistet, frage ich mich: Nimmt eigentlich mal irgendjemand zur Kenntnis, was für eine Leistung ein Leben mit (chronischer) Migräne generell ist? Diejenigen, bei denen zumindest teilweise noch irgendwelche Medikamente anschlagen, arbeiten zum Teil in Vollzeitjobs, erziehen Kinder, Pflegen Angehörige, gehen zum Sport oder einer Therapie oder beides, Schreiben Bücher, informieren, bleiben sichtbar!
Migräne ist immer dabei.
Nicht nur als kaum aushaltbarer Schmerz, als Schwindel, als Übelkeit, als Seh- oder Hörstörung oder andere neurologische Spezialeffekte.
Auch als Angst vor ihr.
Als Ahnung.
Als Erinnerung.
Als postmigranöse Erschöpfung.
Als ungefilterte Wahrnehmung.
Als ständige Reizüberlastung.
Das ist Leistung auf höchstem Level.
Nicht umsonst werde ich mir als nächstes das Buch von Bianca Leppert „Ich hab Migräne. Und was ist deine Superkraft?“* ansehen. Der Titel trifft es jedenfalls ziemlich gut … ich werde berichten. 🙂
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