Bioresonanztherapie – Och, nööö

Wir chronisch Kranken taugen ja in den Augen vieler Leistungsträger dieser, unserer Gesellschaft nicht mehr für viel. Unser Dasein gilt als großer volkswirtschaftlicher Schaden. Unser Unvermögen, uns gesund und fit zu halten, wird uns in jeder erdenklichen Weise von Teilen der funktionierenden (=arbeitenden) Gesellschaft vorgehalten.

Doch nicht alle von uns verhalten sich so volkswirtschaftsschädlich. Unzählige geben ihr (letztes) Geld für Heilmethoden aller Art aus. Allein die Summe, die ich selbst schon für (meistens nutzlose, manchmal sogar schädliche) Wundermittelchen und neuartige Heilmechanismen ausgegeben habe, liegt geschätzt im hohen 4-stelligen Bereich. Geld, das mir heute für wirklich sinnvolle oder nachhaltige Gesundheitsbehandlungen oder einfach für die Steigerung meines individuellen Wohlbefindens, zum Beispiel durch sinnloses Verprassen, fehlt.

Dieses Geld haben nun andere und lassen es sich gut gehen – auf meine Kosten. OK – man muss auch gönnen können. Doch die Zahl der Heilsbringer, die von meinem Kuchen garantiert nichts mehr abbekommen, wächst löblicherweise stetig. Dazu gehören beispielsweise alle Anbieter der vielbeschworenen Bioresonanztherapie.

Teurer Blödsinn

Das, was sich jeder mindestens normal intelligente Mensch, spätestens nach Aneignung der nötigsten physikalischen Grundlagen und unter Einsatz seines Verstandes schon selbst denken müsste, wurde im letzten Jahr eindrucksvoll (und für alle Intelligenzlevel verständlich) auch in einer Studie bewiesen. Sie wurde im Juni 2019 im Allergo Journal, einer interdisziplinären Zeitschrift für Allergologie, klinische Immunologie und Umweltmedizin, veröffentlicht: Ich spoilere jetzt mal und nehme das Ergebnis vorweg: Bioresonanztherapie ist BLÖDSINN!

Selbstmurmelnd ist es nicht möglich, mit zwei Metallstäben, bunten Lichtern und einer Software herauszufinden, welche Allergien und Unverträglichkeiten oder Erkrankungen ich habe. Egal, was jemand anderes behauptet. Ja, vollkommen egal. Es ist nicht möglich!
Fertig. Aus. MickyMaus.

Für diese Erkenntnis sollte es eigentlich keine Studien brauchen. Aber jetzt ist eine da und im besten Falle lachen wir herzlich über das Ergebnis. Im ungünstigsten Falle wird uns klar, dass man uns in betrügerischer Absicht das Geld aus der Tasche gezogen hat, wenn wir für die Bioresonanztherapie Geld ausgegeben haben.

Berichterstattung

In einem Fernsehbericht des Bayerischen Rundfunks (siehe unten) wurde über die Studie und das Thema Bioresonanz berichtet. Unter anderem wird darin gezeigt, dass nicht einmal Daten von den Metallstängeln (die nebenbei erwähnt stark an den von der Scientology-Sekte genutzten Lügendetektor “E-Meter” erinnern) übermittelt werden. Auch das NDR-Magazin “Markt” berichtete ausführlich zu diesem Thema.

Ganz wichtig: Es geht in diesem Punkt nicht um Glauben, Meinungen oder Ansichtssache. Es geht hier um für jeden nachprüfbare Fakten und es geht um handfesten Betrug am kranken Menschen.

Die Studie im Überblick

Um meine Empörung besser nachvollziehen zu können, hier eine kurze Zusammenfassung der Studie:

Bioresonanz
  1. Die Forscher haben gesunde und schwerkranke Menschen, eine Leiche (!), einen rohen Leberkäse (!!) und einen feuchten Lappen (!!!) mit zwei Bioresonanz-Geräten “untersucht”. Dabei versagten beide Geräte (selbstverständlich!) komplett.
  2. Die Geräte erkannten keine einzige Krankheit bei den nachweislich schwerkranken Patienten, die an der Studie teilgenommen haben.
  3. Beide Geräte bescheinigten einer Leiche (!), gesund und fit zu sein. Lediglich einige Mangelerscheinungen und Belastungen seien vorhanden, die man mit ein paar NEMs (Nahrungsergänzungsmittel) leicht beheben könnte. 😀
  4. Dem Leberkäse wurde ein gutes Gedächtnis attestiert.
  5. Der “biogescannte” Putzlappen sei laut Gerät in körperlicher Bestform.

Wer zur Hölle, schützt uns Kranke vor diesem Unfug?!?

Dass irgendwelche Heiler solche Geräte in ihren “Praxen” stehen haben, wundert mich nicht. Sieht ja immer gut aus, Hightech an Bord zu haben. Dass approbierte Ärzte ihren Patienten diesen gequirlten Oberscheiß andrehen, ist eine einzige Frechheit. Dass die Ärztekammern das zulassen: die Krönung.

Die bescheuerte Ausrede des Arztes im Beitrag des BR (s.u.): Der Patient hätte ja mit der Unterschrift auf dem Behandlungsvertrag zugestimmt, dass die Behandlung so vonstatten geht, ist der reinste Hohn. Mit anderen Worten: “Die Leute wollen verarscht werden und zahlen auch noch gerne viel Geld dafür.”

Jo, da könnte er sogar recht haben …

Sich dann aber auch noch als armer Erfüllungsgehilfe der ach so mündigen Patienten darzustellen: UNFUCKINGFASSBAR!


Quellen:

  • Der Artikel zur Studie: Dorsch, W., Kolt, A. Einfache Testverfahren zur Überprüfung der Aussagekraft von Bioresonanz-basierten medizinischen Befunden — der Leberkäse-Test. Allergo J 28, 22–30 (2019). https://doi.org/10.1007/s15007-019-1859-0
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=XfLuQuTQ10E

Pinoccio-Bild: Quelldatei von Roland Schwerdhöfer auf Pixabay

2 Kommentare

  1. Ich kann das nur bestätigen. Ist zwar schon viele Jahre her, hat aber rein gar nichts gebracht. Habe auch schon Tausende von Euro ausgegeben für ganz viel Hoffnung auf Verbesserungen bei der Fibromyalgie.

    Letztendlich sind es fast die “einfachen” Dinge, die mich wirklich weiter gebracht haben: strikte Ernährungsweise, angepasste Bewegeung, bestimmte Nährstoffe und auch das Guaifenesin (eine alternative Behandlungsmethode bei Fibromyalgie, die umstritten ist).

    Ich bewundere Dich für Deine klare Positionierung! Ich veröffentliche ja nun auch regelmäßig Beiträge in Form von Videos oder Text und dabei fällt es mir nicht so leicht, mit meiner Meinung klar zu stehen. Toll und schöner Beitrag!

    Beste Grüße,
    Carola (alias Barbara auf der Heide)

    • Hallo Carola,

      Danke für Dein Feedback! 🙂
      Das klare Positionieren fiel mir früher auch sehr schwer. Wollte niemandem auf den Schlips treten usw. Ich habe aber gerade durch meine Erfahrungen und Erlebnisse im Medizinsektor gelernt, dass es anders nicht verstanden wird und man nicht den Fehler machen sollte, sich selbst in seiner „Rolle“ als Kranker automatisch „zurückhaltender“ zu geben als man tatsächlich ist (habe ich lange Zeit eher unbewusst getan.)
      Mach‘ ich nicht mehr. Und das hat Vorteile mitgebracht. Allerdings macht es es auch schwerer, als behinderter Mensch, der ich nun mal leider immernoch bin, gesehen zu werden. Man hält mich oft für fitter als ich bin. (Was auch wieder Vor- und Nachteile hat, je nach Kontext.)

      Ich glaube auch, dass viele Betroffene im Grunde so klar positioniert sind, aber aus verschiedenen Gründen ihre Meinung nicht überall so kundtun (können oder wollen). Meine Art zu schreiben kommt sicher auch nicht bei allen gut an, aber der ein oder andere freut sich eben doch, wenn ihnen da einer (sehr klar und deutlich) aus der Seele spricht. Das wiederum freut mich und so haben alle was davon 🙂

      Deine Videos schaue ich übrigens auch oft – finde sie sehr gut gemacht und sehr informativ. 🙂 Danke dafür!
      „Umstrittene Methoden“ müssen auch nicht alle Unfug sein. Oft hilft dem einen eben doch etwas, wofür es für die Massen nicht genug vernünftige Studien o.ä. gibt. Da muss man selber schauen, inwieweit ein Wirkprinzip einem so plausibel erscheint, dass man es probieren möchte.
      Wichtig finde ich nur, dass offenkundiger Blödsinn als solcher auch gekennzeichnet werden müsste und Behandlungsfehler und Folgeschäden von den verantwortlichen „Heilern“ (egal ob Arzt oder Heilpraktiker“) auch tatsächlich verantwortet werden. „Geld zurück“ wäre da noch das Mindeste … 🙂

      Alles Gute auch für Dich!
      LG Tanja
      (aka myyzilla)

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