5 Vorschläge zur Diskursoptimierung

Nicht nur in Coronazeiten tun sich vor allem beim Thema Gesundheit immer tiefere Gräben zwischen den kommunizierenden Menschen auf. – Die passenden Kämpfe lassen nicht lange auf sich warten. Meistens liegt das daran, dass Menschen mit eher wenig Fachwissen mit den „Meinungen“ der Menschen mit viel Fachwissen nicht recht einverstanden sind. Das wiederum kommt daher, dass sie bestimmte Zusammenhänge nicht verstanden haben.

Das ist auch nicht weiter schlimm. Theoretisch könnten sie das fehlende Wissen ja nacharbeiten. Vielen ist das aber zu mühselig. Deshalb schauen sie 1-5 Videos auf Youtube, in denen günstigstenfalls irgendein Professor oder Doktor, schlimmstenfalls ein Schlagersänger oder Gemüsekoch irgendeinen Sachverhalt „erklärt“, der seine „neue totsichere Heilmethode“ für alle möglichen Krankheiten oder andere „gesunde“ Wege zum Körper- und Seelenheil untermauert. Manchmal haben die Professoren und Doktoren auch ein Buch geschrieben, das dann immerhin auch noch gelesen wird. Der Schlagersänger schwadroniert nach Entlarvung aus dem Off weiter rum. Der Gemüsekoch aus dem Porsche in die tobende Menge der Fans, sowie in Messager-Gruppen. Alles total seriös und fundiert versteht sich.

Das Schöne an diesen „Erklärungen“, die ja erstmal nichts weiter als eine Idee / eine Vorstellung des Formulierers (und damit sein gutes Recht) sind, ist, dass sie so schön zu der bereits vorhandenen, ideologischen Idee/Vorstellungen/Weltanschauungen der begeisterten Leser/Zuhörer passt.

Das Problem: Es passt vielleicht zu den Ideen und vor allem Wunschvorstellungen der Leser, aber in vielen Fällen nicht zu dem, was man an NACHPRÜFBAREM Wissen in dem jeweiligen Fachbereich bereits weltweit gesammelt hat.

Wenn nun einerseits ein Heilungsinteressierter, der Erfolge mit Methode XY zu verzeichnen hatte, oder jemanden kennt, dessen Schwagers Nachbar den Hund der Fußpflegerin von übelriechenden Winden geheilt hat und andererseits langjährig ausgebildete Fachleute und Menschen mit sehr viel Fachwissen zusammentreffen, gibt es Knatsch. Am Ende beschimpfen sich die sogenannten „Schwurbler“/“Verschwörungstheoretiker“ und die „Wissenschaftshörigen“/“Pharma-Huren“ gegenseitig als ebensolche.

Ich finde beides nicht in Ordnung und habe nachgedacht, was man machen könnte, um diese Kommunikationsprobleme in den Griff zu bekommen. Hier mein vorläufiges Ergebnis:

5 Vorschläge zur Verbesserung der Kommunikation über vorgebrachte Ideen, Weltanschauungen und Konzepte aller Art:

Vorschlag 1: Reflektiere über den Unterschied der Begriffe: „Vorstellung“, „Überzeugung“, „Glaube“, „Wissen“ und „Wahrheit“ –> nutze die hieraus entstehende Erkennntnis sinnvoll

Vorschlag 2: Reflektiere über den Wert Deiner Ideen für andere Menschen mit anderem Wissenshorizont –> lasse Deine Erkenntnis in Dein Handeln einfließen.

Vorschlag 3: Versuche stets, Dich in die Perspektive Deines Gesprächspartners hineinzuversetzen –> passe Deine Wortwahl und die Komplexität der Schilderung Deiner Gedankengänge (wenn es Dir möglich ist) an.

Vorschlag 4:
Stufe 1: Erkenne die Unterschiede im Denken der Menschen an.
Stufe 2: Lerne sie schätzen.

Vorschlag 5: Respektiere die individuellen kognitiven Leistungsgrenzen Deines Gesprächspartners (auch – und vor allem – wenn sie höher liegen als Deine eigenen)


Tipp für Wissenschaftskritiker: Lies doch mal was über den „Dunning Kruger-Effekt“.

Welche Quelle Du nutzt, ist Dir überlassen. Am besten sind natürlich sogenannte Primärquellen, also ursprüngliche Original-Quellen, die vom Forscher / Denker direkt stammen und noch nicht zitiert, zusammengefasst oder bewertet wurden. Dies wäre im o.g. Fall:
Justin Kruger and David Dunning: Unskilled and Unaware of It. How Difficulties in Recognizing One’s Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments. In: Journal of Personality and Social Psychology 1999. Vol. 77, No. 6, 1999, 1121–1134
Hier in Vollversion abrufbar (PDF): http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.64.2655&rep=rep1&type=pdf

Eine mögliche, seriöse Sekundärquelle, die den oben beschriebenen Effekt allgemeinverständlich aufgreift, ist diese hier: Quarks/Psychologie: Warum wir uns oft selbst überschätzen


Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

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